Hebammensituation katastrophal: Es geht auch ums Kindeswohl

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Wenn Eltern keine Hebamme finden, das ist auch für das Kind eine Belastung. Symbolfoto: pixabay
Wenn Eltern keine Hebamme finden, das ist auch für das Kind eine Belastung. Symbolfoto: pixabay | Foto: pixabay

Braunschweig. Stetig steigende Geburtenraten vermelden die Standesämter der Region. Ein erfreulicher Trend. Doch bis zur Geburt ist es ein weiter Weg - ein Weg, auf dem sich viele werdende Eltern gerne qualifizierte Hilfe holen: Die Hebamme. Doch was bedeutet diese gute Geburtshilfe für die Hebammen? regionalHeute.de hat nachgefragt.


Erst am 5. Mai fand derinternationaler Tag der Hebammen statt. Zeit eine aktuelle Bilanz zu ziehen, wie sind die Arbeitsbedingungen für die Hebammen und wie stellt sich die Situation für werdende Mütter dar? Am runden Tisch trafen sich dazu am heutigen Dienstag sechs Frauen, die in der Geburtshilfe und -beratung tätig sind.

Bereits nach wenigen Minuten war klar, dass sich etwas ändern müsse. "Wir haben hier in der Region eine schlechte Situation", bekräftigteSigrid Korfhage, Leiterin derpro familia Beratungsstelle, zusammen mit der Braunschweiger Hebamme Patricia Könnecker, Vorsitzende des Kreisvorsitzende des niedersächsischen Hebammenverbandes.

Katastrophale Situation


Seit Jahren gebe es einen Hebammenmangel. Dieser wird sich in den nächsten Jahren noch deutlich zuspitzen, so Könnecker. In Niedersachsen werden aktuell 500 Hebammen in den Ruhestand gehen. Dagegen stehen lediglich 60 bis 80 "Neuzugänge". Überlegt man sich, dass jede Hebamme zwischen vier und zehn Beratungen im Monat durchführt, wird die Dimension des Mangels klar. So könnten bis zu rund 50.000 Beratungen im Land fehlen. Für viele Frauen sei es bereits gar nicht mehr möglich eine Hebamme zu finden. Nicht selten "stranden" die verzweifelten Eltern dann bei pro familia, wie Korfhage aus ihrer täglichen Arbeit berichtet. "Die Versorgung ist katastrophal!", kommentiert sie die Situation. Allen werdenden Eltern wird dringend angeraten spätestens ab der fünften Schwangerschaftswoche aktiv auf die Suche zu gehen.

 v.l. Renate Iuzzolino (Diakonie), Andrea Nimmerrichter-Morscheck (kath. Schwangerenberatung), Andrea Schneider (Netzwerk Nächstenliebe), Patricia Könnecker (Hebammenverband), Sigrid Korfhage (pro familia), Kristina Schmitz (pro familia).
v.l. Renate Iuzzolino (Diakonie), Andrea Nimmerrichter-Morscheck (kath. Schwangerenberatung), Andrea Schneider (Netzwerk Nächstenliebe), Patricia Könnecker (Hebammenverband), Sigrid Korfhage (pro familia), Kristina Schmitz (pro familia). Foto:



Für die vielen Eltern, die keine Hebamme bekommen haben, da diese schlichtweg am Limit arbeiten, gibt es darum bereits eine Beschwerdeplattform. Hier kann eine Unterversorgung gemeldet werden:http://www.unsere-hebammen.de/mitmachen/unterversorgung-melden/

Große Belastung auch für das Kind


Man müsse sich auch vorstellen, was für eine große Belastung dies für Mütter und ihre Kinder sei, führt Andrea Schneider von der Beratungsstelle "Achtung!Leben" desNetzwerks Nächstenliebe aus. Allein die Suche bedeute für die Familien Stress, ganz zu schweigen von den Fällen, in denen sich keine Hebamme finden ließe. Dies würde sich "natürlich auch" auf das ungeborene Kind auswirken und das Wochenbett zu einer Belastungsprobe machen. "Eine dramatische Situation", es ginge schließlich auch ums Kindeswohl, so Schneider.

Am falschen Ende gespart?


Die meisten Geburten finden im Krankenhaus statt. Das hat allein versicherungstechnische Gründe. Das Risiko einer Hausgeburt sind die Beteiligten selten bereit einzugehen. Im Krankenhaus herrschten allerdings schlechte Bedingungen für Hebammen. Ein zu enger Personalschlüssel, schlechte Bezahlung und Schichtsysteme, die mit der eigenen Familie oft nicht vereinbar sind. Oft sollen die Geburtshelferinnen zusätzlich noch Arbeiten im Krankenhausalltag mit übernehmen, die nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehörten. Alles Gründe, die Hebammen abhalten in die aktive Geburtshilfe zu gehen, dafür entscheidet sich nur ein Viertel aller Hebammen. Die anderen gehen lieber in die Vor- und Nachsorge. Hier müsse die Politik eingreifen, da waren sich alle einig.

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