Schimpansen-Elend: Tierschützer rügen das Kreisveterinäramt


Laut PETA fristet der Schimpanse Robby ein trostloses Leben. Foto: PETA | Foto: PETA

Peine. Die Tierrechtsorganisation PETA hat die besten und schlechtesten deutschen Veterinärbehörden 2016 gekürt. Berücksichtigt wurden Ämter, die bei ihrer Arbeit besonders positiv oder negativ aufgefallen waren, nachdem sie von über einen Missstand informiert wurden. Auf der Negativliste ist auch das Kreisveterinäramt.


Das Begründungsschreiben von PETA geben wir hier im Wortlaut wieder :
Anlässlich eines Gastspiels von Circus Belly mit dem Schimpansen Robby in Peine im April 2016, wandte sich PETA an die Veterinärbehörde mit dem Anliegen, eine Verbesserung der Tierhaltung anzuordnen. "Ein Schimpansengehege muss laut den Richtlinien des Bundesagrarministeriums eine Größe von 400 Quadratmetern aufweisen. Bei Circus Belly ist das Gehege jedoch um über 70 Prozent zu klein", kritisierte PETA.
Doch anstatt Robby zu helfen, machte die Veterinärbehörde auf ihrer Internetseite mit einer Stellungnahme am 8. April 2016 plötzlich Stimmung gegen PETA und wies jede Zuständigkeit von sich. Unverblümt schlugen sich die Amtstierärzte auf die Seite des Zirkusbetriebs: Demonstrationen von Tierschützern hielten womöglich zahlende Besucher ab, wodurch dem Zirkus Eintrittsgelder zur Versorgung des Schimpansen fehlten.
Dass schon längst ein Angebot einer renommierten Auffangstation für Robby vorliegt, ließ die Behörde bei ihrer Kritik an den Demonstrationen außer Acht, ebenso wie ihre gesetzliche Verpflichtung zur Neutralität. Die Tierrechtsorganisation fordert alle Amtsveterinäre und Behörden auf, jede Missstandsmeldung ernst zu nehmen und dem Tierschutz insgesamt einen höheren Stellenwert einzuräumen.

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Der Schimpanse Robby wurde von Peiner Amtstierärzten überprüft. Foto: Landkreis



„Es ist eine Frechheit, dass die Veterinärbehörde in Peine Tierschutzdemonstrationen vor einem Zirkus kritisiert, der seit Jahren einen Schimpansen und Raubkatzen unter mangelhaften Bedingungen hält. Sie sollte ihre Zeit besser nutzen, um die Richtlinien durchzusetzen“, so Peter Höffken, Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsindustrie bei PETA. „Die Negativauszeichnung von PETA ist auch als Ansporn zu verstehen, damit sich die Amtstierärzte in Peine künftig engagierter für die Tiere einsetzen.“
Gemäß den „Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren“, herausgegeben vom Bundeslandwirtschaftsministerium, muss jede Schimpansenhaltung ein mindestens 200 Quadratmeter großes Innengehege umfassen. Bei Circus Belly dient jedoch lediglich ein etwa zwölf Quadratmeter kleiner Käfigwagen als „Innengehege“ – in diesem ist Robby überwiegend eingesperrt. Zusätzlich sind ein 200 Quadratmeter großes Außengehege sowie ausreichend Kletterstrukturen vorgeschrieben. Das Außengehege im Zirkus umfasst nur 50 bis 60 Quadratmeter und weist keine adäquaten Kletterstrukturen auf. Die für den Zirkus zuständige Genehmigungsbehörde, der Landkreis Celle, bestätigte im August 2015 ebenfalls, dass die Haltung nicht artgerecht sei und heutzutage nicht mehr genehmigt würde. Generell sprechen sich auch die Bundestierärztekammer sowie der Bundesrat gegen die Haltung von Wildtieren im Zirkus aus. In zahlreichen Ländern wie Belgien, Österreich und die Niederlande existieren Verbote bereits.

Der Landkreis hält dagegen


Kreissprecher Henrik Kühn meinte: "PETA verbreitet hier in populistischer Weise Unwahrheiten und lässt unser damaliges punktgenaues Überprüfen der Verhältnisse vor Ort unerwähnt. Die Aufnahme unseres Fachdienstes Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung in die jetzt publizierte Negativliste der Organisation zeigt in erschreckender Weise, wie PETA in der Öffentlichkeit offensichtlich wider besseres Wissen mit den Fragestellungen rund um den Schimpansen „Robby“ umgeht."

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Amtstierärztin Susanne Heuser-Ballan mit Robby. Foto: Landkreis



Im April 2016 habe sich der bereits über 40 Jahre alte Robby laut dem tierärztlichen Bericht als äußerst kontaktfreudiger, gut gepflegter Menschenaffe in einem augenscheinlich einwandfreien Gesundheitszustand präsentiert. Er sei im Zirkus in einem gepflegten, rund 60 Quadratmeter großen Außengehege mit ausreichend Spielmöglichkeiten sowie angeschlossenem beheizbarem Innenbereich untergebracht gewesen. Die Mindestanforderungen in der dem Zirkus erteilten Erlaubnis seien mehr als erfüllt worden. Die vom Landkreis Celle angeordnete Abgabe des Tieres in eine auf die Resozialisierung von Schimpansen spezialisierte Einrichtung sei damals Bestandteil eines schwebenden Gerichtsverfahrens gewesen und wäre daher vom Landkreis ohnehin nicht durchsetzbar gewesen. „Auch für die Anordnung eines größeren Geheges, wie sie PETA in einem Schreiben an den Landkreis Peine fordert, waren wir nicht zuständig“, meinte Kühn.
Dieses wüssten auch die Verantwortlichen der Tierschutzorganisation, versuchen aber dennoch mit ihrer gezielten irreführenden Öffentlichkeitsarbeit einen falschen Eindruck der Sach- und Rechtslage zu vermitteln. Viele Gastspiele des Zirkus werden mit Protestaktionen begleitet, womit dem Tierschutz im Allgemeinen und dem Affen im Besonderen quasi ein Bärendienst erwiesen wird – denn letztlich ist der Zirkus für die ordnungsgemäße Pflege und Versorgung seiner Tiere natürlich auf die Einnahmen aus den Vorstellungen angewiesen.
Auch der Leiter des Tierschutzzentrums an der Tierärztlichen Hochschule Hannover Hansjoachim Hackbarth habe dafür plädiert, dass „Robby“ im Zirkus bliebe. Er betrachte sicherlich die Menschen, die um ihn herum sind, mit denen er seit Jahrzehnten zusammenlebt, als sein Rudel. Der Schimpanse mache dabei keinen Unterschied, ob seine Familie aus Menschen oder Affen bestehe.


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